Vorbemerkung

Es handelt sich um ein abschreckendes Beispiel einer sehr umfangreichen und kleinteiligen Betriebsvereinbarung, entstanden in einer äußerst konfliktgeladenen Verhandlungsatmosphäre.


Betriebsvereinbarung Zeiterfassung



1. Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten des Innendienstes der ...[Name des Unternehmens].

2. Allgemeine Voraussetzungen

Die Bereiche der Zeiterfassung und Zugangskontrolle werden mit einem gemeinsamen Zentralrechner im Rahmen eines Softwarepaketes betrieben. Durch eine getrennte EDV-Peripherie, getrennte Kartenleser und getrennte Zugriffsmöglichkeiten auf einzelne Programm-Module wird gewährleistet, daß beide Systeme logisch und organisatorisch voneinander getrennt bleiben.

Das System arbeitet mit einem gemeinsamen Stammdatensatz, in dem Personenidentifikationsdaten, Zeitmodelle und Zugangsberechtigungen enthalten sind.

Während beide Systeme auf die Personenidentifikationsdaten gleichermaßen zugreifen, stehen die Zeitmodelle nur den Gleitzeitbeauftragten und die Zugangsberechtigungen nur den mit der Zugangskontrolle beschäftigten Personen zur Verfügung. Das System wird von einem gemeinschaftlich von der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat zu benennenden Systembetreuer technisch überwacht und gewartet.

3. Zeiterfassung

3.1 Datenerfassung

Die Zeiterfassung wird mittels eines elektronischen Zeiterfassungssystems im 1-Minuten-Takt vorgenommen.

3.2 Zeiterfassungskarte

Jeder Beschäftigte kann eine Zeiterfassungskarte erhalten, die sichtbar Name, Foto und Ausweisnummer des Beschäftigten enthält.

Bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende ist die Zeiterfassungskarte in die hierfür vorgesehenen Kartenleser einzuführen. Alle Beschäftigte, die eine Karte haben, sind verpflichtet, die Zeiterfassungsgeräte zu benutzen. Einzelheiten über die Erfassung der Arbeitszeiten sind in dem Merkblatt zur elektronischen Gleitzeiterfassung dargestellt.

3.3 Ausnahmen

Eine Zeiterfassung für Beschäftigte, die eine 30-minütige Mittagspause in der Arbeitsumgebung verbringen, ist nicht erforderlich. In allen anderen Fällen ist Pausenbeginn und Pausenende zu erfassen. Beträgt die erfaßte Pausendauer weniger als 30 Minuten, werden vom System automatisch 30 Minuten abgebucht; auf dem Arbeitszeitnachweis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt ein entsprechender Hinweis.

3.4 Ausschluss von Mehrarbeit

Für Beschäftigte, deren Anspruch auf Bezahlung für Mehrarbeit vertraglich ausgeschlossen ist, gelten die einzelvertraglichen Regelungen. Insofern nehmen diese Beschäftigten nur an der Erfassung von Kommen und Gehen (Datum und Uhrzeit) teil.

Die Beschäftigten des o.g. Abrechnungskreises können zu jedem Zeiptunkt diese Gleitzeitdaten bei den in den Eingangsbereichen installierten Druckern abfordern. Prüfungen und Auswertungen nach Ziffer 6, 8 + 9 entfallen.

4. Technische Ausstattung

4.1 Hardware

Die Zeiterfassung erfolgt unter Benutzung der Hardware, die abschließend aufgeführt ist in Anlage 1.

4.2 Software / Leistungsmerkmale

Die Zeiterfassung erfolgt unter Benutzung der Softwaremodule, die abschließend aufgeführt sind in Anlage 2.

4.3 Kartenleser zur Gleitzeiterfassung

Es werden Leser mit Display in ausreichender Anzahl installiert. Das Display zeigt automatisch bei Betätigung des Lesers den jeweiligen Gleitzeitstand an und auf Wunsch weitere Gleitzeitinformationen.

4.4 Drucker für die Beschäftigten

In den Eingangsbereichen werden Drucker in ausreichender Anzahl installiert, die den Beschäftigten die Möglichkeit geben, jederzeit einen aktuellen Stand der Gleitzeit ausdrucken zu lassen.

4.5 Änderungen der technischen Ausstattung

Der Betriebsrat wird über den reinen Austausch von Hardwarekomponenten bzw. deren Erneuerung oder Erweiterung, ohne daß sich der Softwareleistungsumfang verändert, vorher informiert. Sonstige Änderungen der Hardware sowie Änderungen der Software-Module bedürfen der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates; die Anlagen 1 und 2 sind auf dem aktuellen Stand zu halten.

5. Gespeicherte Daten

5.1 Stammdaten

Folgende Stammdaten werden je Karteninhaber/-in im Rahmen der Gleitzeiterfassung gespeichert:

  • Name und Vorname
  • Ausweisnummer
  • Hauptabteilung / Abteilung / Gruppe
  • Anstellungsverhältnis (z.B. Azubi, Teilzeitkraft)
  • Personalnummer
  • Abrechnungskreis
  • Zeitgrunddaten: Gleitzeit, Schichtdienst, feste Arbeitszeit und sonstige Arbeitszeitregelungen
  • Urlaubsanspruch
  • Zeitkonten.

Die zulässigerweise genutzten Stammdaten-Parameter sind in der Anlage 3 aufgeführt.

Die Stammdaten in ihrer jeweiligen Gültigkeit für die einzelnen Beschäftigen werden für die Dauer der Betriebszugehörigkeit und weiterer sechs Monate gespeichert.

5.2 Bewegungsdaten

Folgende Bewegungsdaten werden je Karteninhaber/ -in im Rahmen der Gleitzeiterfassung im System gespeichert.

  • Arbeitsbeginn und Arbeitsende
  • Beginn und Ende der Mittagspause
  • Gleitzeiten
  • genehmigte Überstunden hinsichtlich Anzahl und Ableistungszeitraum.

In Anlage 4 sind weitere Zeitarbeiten vereinbart, die zusätzlich im System geführt werden können.

Anlage 4

Zeitarten, die in den Bewegungsdaten des Zeiterfassungssystems geführt werden

  • Urlaubstage (Tarifurlaub)
  • Freizeit im Rahmen der Mehrarbeitsabgeltung.

Die Bewegungsdaten werden am Monatsende für die Dauer von 6 Monaten in der Gleitzeitzentrale auf magnetischem Datenträger archiviert. Korrekturbelege werden nach 6 Monaten vernichtet.

5.3 Änderungen

Änderungen und Ergänzungen der Anlagen 3 und 4 bedürfen der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates. Davon ausgenommen sind Änderungen und Ergänzungen, soweit sie der Erfüllung einer durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung vorgeschriebenen Regelung dienen.

6. Prüfungen und Kontrolle durch das System

6.1 Automatische Prüfungen

Das System prüft und kontrolliert automatisch folgende Punkte:

  • Einhaltung der Arbeitszeitordnung (insbesondere auch die 10-Stunden-Höchstgrenze)
  • Arbeitsbeginn und Arbeitsende
  • Einhaltung der Kernzeit
  • Inanspruchnahme der Gleitzeit-Freizeit entsprechend der Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit
  • Einhaltung der Gleitzeitplusstunden und Gleitzeitminusstunden am Monatsende
  • Beginn und Ende der Mittagspause
  • Mehrarbeit
  • Freizeiten im Rahmen der Mehrarbeitsabgeltung.

Die Standard-Bemerkungstexte, die vom System auf den Arbeitszeitnachweisen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgegeben werden können, sind in Anlage 5 dokumentiert. Die Anlage wird auf dem aktuellen Stand gehalten.

6.2 Abweichungen

Bei folgenden Abweichungen von der Gleitzeitvereinbarung erstellt das System automatisch eine Meldung über die berechtigte oder unberechtigte Nichteinhaltung der Gleitzeitvereinbarung:

  • Rahmenzeitverletzung
  • Arbeitszeit-Limit-Überschreitung
  • Buchung während der Kernzeit
  • Abwesenheit im Kernzeitintervall
  • 0-Intervall (Fehlen der Zu- bzw. Abgangsbuchung)
  • keine Buchung
  • Überschreiten der erlaubten Gleitzeitguthaben bzw. -defizite
  • Überschreiten der erlaubten Freizeiten, die auf das Gleitzeitkonto angerechnet werden.

6.3 Nachträgliche Meldungen und Korrekturen

Meldungen über die Nichteinhaltung der Gleitzeitvereinbarung wird über den/die Gleitzeitbeauftragte/n an den/die jeweiligen Vorgesetzte/n weitergeleitet, der/die dann die Berechtigung oder Nichtberechtigung des Abweichens von der Gleitzeitbetriebsvereinbarung zu klären hat.

Um den Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, vergessene Buchungen oder Falschbuchungen nachträglich zu korrigieren, wird die Nichteinhaltung der Gleitzeitvereinbarung erst am Ende der jeweiligen Kalenderwoche ausgedruckt.

Eine Auflistung des Überschreitens der erlaubten Gleitzeitguthaben bzw. -defizite wird einmal pro Monat ausgedruckt.

Die regelmäßigen Ausdrucke erfolgen automatisch durch das System.

7. Mehrarbeit

Überstunden sind angeordnete und vom Betriebsrat genehmigte Mehrarbeitsstunden. Sie werden getrennt vom Gleitzeitkonto gemäß Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit geführt und verrechnet. Sie berühren die Gleitzeitregelung nicht.

Werden Überstunden in Freizeit abgegolten, so wird die Sollarbeitszeit der betroffenen Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters um den Betrag an Normalarbeitsstunden verkürzt, dessen Bruttogeldbetrag dem für die geleisteten Überstunden zu bezahlenden Geldbetrag entspricht.

8. Auswertungen für die Beschäftigten

8.1 Dokumente für Beschäftigte

Jede/r Beschäftigte kann zu jedem Zeitpunkt die Gleitzeitdaten bei den installierten Druckern abfordern. Folgende Daten werden für jede/n Beschäftigte/n für den laufenden und den Vormonat ausgedruckt:

  • Arbeitsbeginn / Arbeitsende pro Arbeitstag
  • Beginn und Ende der Mittagspause pro Arbeitstag
  • aktueller Gleitzeitstand
  • Hinweis auf Fehlbuchungen und manuelle Eingaben
  • Angaben zum Jahresurlaub
  • Angaben zur geleisteten Mehrarbeit
  • Angaben zum aktuellen Stand des Freizeitausgleichs im Rahmen der Mehrarbeitsabgeltung.

8.2 Ausdrucke

Die zulässigen Ausdrucke sind durch je ein Muster in Anlage 6 vereinbart.

9. Personenbezogene Auswertungen für Vorgesetzte

Am Ende einer jeden Woche bzw. einmal pro Monat (Überschreiten von erlaubten Gleitzeitguthaben oder -defiziten) erhält der Vorgesetzte pro Mitarbeiter die gemäß Ziffer 6.2 ermittelten Abweichungen von der Gleichzeitvereinbarung.

Es wird eine Ausgabefunktion realisiert, die zu einem Stichtag pro Arbeitseinheit

  • die Vornamen und Namen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • den aktuellen Stand des Gleitzeitsaldos sowie
  • den Stand des Kontos für noch nicht in Anspruch genommene Freizeit zum Ausgleich geleisteter Überstunden
  • den für das laufende Jahr noch bestehenden Urlaubsanspruch und
  • den Resturlaubsanspruch aus dem Vorjahr

anlistet und in einer Summenzeile den Gesamtgleitzeitstand, Gesamtfreizeitausgleichsstand, Gesamturlaubsanspruch und Resturlaubsanspruch ausweist. Ein Muster der Ausgabe befindet sich in Anlage 6.

Die Ausgabe darf erstellt werden zum 20. eines jeden Kalendermonats fund als Unterlage zur Beantragung von Mehrarbeit vor Beginn der Mehrarbeitsperiode.

10. Personenbezogene Auswertung für die Personalabteilung

Die Personalabteilung erhält einen Ausdruck über die Resturlaubstage der einzelnen Beschäftigten zum Stichtag 31.12. eines jeden Jahres Ein Muster befindet sich in Anlage 6.

11. Weitere Auswertungen

Alle weiteren mit Hilfe des Systems erstellten Auswertungen sind ebenfalls in Anlage 6 aufgeführt.

Änderungen und Erweiterungen der Anlage 7 bedürfen der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats. Davon ausgenommen sind Statistiken, die sich auf alle Beschäftigten der Hauptabteilung beziehen und keine einzelnen Personen identifizieren; in diesem Fall genügt die Information des Betriebsrats.

Die Anlage ist auf dem aktuellen Stand zu halten.

12. Einsprüche gegen die automatische Gleitzeitabrechnung

Einsprüche gegen die automatische Gleitzeitabrechnung sollen bis spätestens zum Ende des Folgemonats geltend gemacht werden.

13. Eingaben

13.1 Eingaben durch die Beschäftigten

Die Beschäftigten können alle Eingaben, die zu Lasten des Gleitzeitkontos gehen, am Zeiterfassungsgerät selbst vornehmen. Darüber hinaus können Urlaub und angemeldete Überstunden eingegeben werden.

13.2 Eingabe durch die Gleitzeitbeauftragte

Alle sonstigen Eingaben, die nicht zu Lasten des Gleitzeitkontos gehen (z.B. Krankheit, Dienstgang / Reisen und sonstige Abwesenheiten) sowie Berechtigungen der technischen Erfassung (z.B. Verlust der Gleitzeitkarte) sind von den Gleitzeitbeauftragten durchzuführen. Gundlage hierfür ist der von dem/der jeweiligen Vorgesetzten unterschriebene Beleg. Berichtigungen des Gleitzeitkontos aufgrund fehlerhafter oder nicht erfolgter Eingaben müssen innerhalb von zwei Arbeitstagen erfolgen. Zukunftsorientierte Fehlzeiten und genehmigte Überstunden sind den Gleitzeitbeauftragten rechtzeitig, spätestens am Vortage, zu melden, der die entsprechenden Daten dann in das System eingibt.

14. Gleitzeitbeauftragte/r

Der/die Gleitzeitbeauftragte 1) bedient das System über den Dialogterminal und sorgt für den reibungslosen technischen und termingerechten Ablauf der Gleitzeitverarbeitung.

Entscheidungen inhaltlicher Art über Berechtigung und Nichtberechtigung von bestimmten Arten der Zeiterfassung oder der berechtigten oder unberechtigten Nichteinhaltung der Gleitzeitvorgaben sind nicht vom/von der Gleitzeitbeauftragten, sondern von den entsprechenden Vorgesetzten der einzelnen Beschäftigten zu treffen.

15. Kontrollrechte des Betriebsrates

Der Betriebsrat ist berechtigt, die Einhaltung dieser Vereinbarung zu kontrollieren. Das Kontrollrecht umfaßt die Prüfung des Systems und aller Geräte.

Zur Wahrnehmung seiner Rechte aus dieser Vereinbarung kann der Betriebsrat einen Sachverständigen seiner Wahl hinzuziehen. Im Normalfall sind hierbei zunächst die innerbetrieblichen Möglichkeiten zu nutzen. Ansonsten hat der Betriebsrat das Recht, jederzeit einen externen Sachverständigen seiner Wahl hinzuzuziehen. Im Einzelfall hat der Sachverständige zusammen mit dem Betriebsrat die Möglichkeit, ohne Voranmeldung die Einhaltung der vorliegenden Betriebsvereinbarung zu überprüfen.

Die branchenüblichen Kosten tragen die Unternehmen. Neben der für die Einarbeitung in die Systemdokumentation notwendigen Zeit ist die Inanspruchnahme eines externen Sachverständigen auf die Dauer von 8 Stunden pro Kalenderjahr begrenzt. § 80.Abs. 3.Betr.VG bleibt unberührt.

16. Inkrafttreten und Geltungsdauer

Die Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft.

Die Betriebsvereinbarung kann von jeder Seite mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung wirkt sie nach bis zum Abschluß einer neuen Regelung.

Karl Schmitz • Januar 1994