GPT 4.o - ein Start mit fulminantem Fehltritt

Die Vorgeschichte

Her, ein Sci-Fi-Film aus dem Jahr 2013 ist die Geschichte eines Liebeskummer-geplagten introvertierten Schriftstellers, der mit einer Künstlichen Intelligenz tiefgründige Gespräche führt, mit ihr flirtet und sich schließlich in sie verliebt. Die Schauspielerin Scarlett Johannsen gab diesem Kunstwesen ihre Stimme.

Das gefiel OpenAI-Chef Sam Altman sehr. Im Herbst 2023 fragte er bei der Schauspielerin nach, ob sie bereit sei, ihre sympathische Stimme dem damals aktuellen ChatGPT 4.0 zu leihen.

Er sagte mir, er habe das Gefühl, dass ich durch meine Stimme die Kluft zwischen Technologieunternehmen und Kreativen überbrücken und den Verbrauchern helfen könnte, sich mit dem grundlegenden Wandel in Bezug auf Menschen und KI wohlzufühlen

so die Schauspielerin gemäß Zeit Online vom 21.5.2024. Nach reiflicher Überlegung und aus persönlichen Gründen habe sie das Angebot aber abgelehnt.

Altman ließ erneut bei der Schauspielerin nachfragen, ob sie ihr Nein aus dem Vorjahr nicht noch einmal überdenken wolle. Zwei Tage später fand die Präsentation von GPT 4.o statt. Doch - Überraschung - ohne OK von Scarlett Johansson antwortete der Chatbot, genannt Sky, mit einer Stimme, die nicht mehr von Scarletts Stimme unterscheidbar war.

Was ist von Männern zu halten, die das Nein einer Frau nicht akzeptieren können?

Die Schauspielerin war erbost („shocked, angered and in disbelief“) ob dieser Missachtung ihres klar ausgesprochenen Neins.

Stimmvergleich hier bei dem US-amerikanischen Medienportal The Verge

Altman, um Ausreden nicht verlegen, ließ verlautbaren, man habe schon längst vor dem Präsentationstermin des neuen Chatbots eine andere Schauspielerin mit sehr ähnlicher Stimme engagiert. Deren Name wurde auf Nachfrage nicht genannt, aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes, hieß es. Und das sollen wir ihm natürlich glauben.

Sam Altman, sympathisches Auftreten, gut aussehend, und im Äußeren ein eher zurückhaltender, höflicher eher unpolternd auftretender Mann, bestimmt gut erzogen.

Nur eine Episode zwischen einer Schauspielerin und einem reich gewordenen Herren mit vielleicht ehemals guten Manieren?

Dennoch hinterläßt dieses Verhalten einen fahlen Geschmack: Wenn Sam Altman hier kein Nein akzeptiert, wie verhält es sich mit anderen Dingen, die er will, andere aber nicht? Wie kann es sein, dass ein Sam Altman die Rechte und Identität anderer, hier Scarlett Jonansens, nicht akzeptiert im gleichen Atemzug aber von Datenschutz redet?

Generell stellt sich die Frage, was geschieht, wenn Menschen mit Machtfülle und Geld, die Deutungshoheit und Interpretation über die Wahrheit in Händen halten und mangels demokratischem Verständnis und Charakterreife jegliche Regeln in ihrem Sinne verbiegen. Das haben wir in der Welt leider schon zu oft gesehen, auch in Amerika.

Scarlett Johanssen in ihrer Erklärung zu der Sky-Episode:

In einer Zeit, in der wir uns alle mit Deepfakes und dem Schutz unseres Bildes, unserer eigenen Arbeit, unserer eigenen Identität auseinandersetzen, glaube ich, dass dies Fragen sind, die absolute Klarheit verdienen. Ich freue mich auf eine Lösung in Form von Transparenz und der Verabschiedung geeigneter Rechtsvorschriften, um sicherzustellen, dass die Rechte des Einzelnen geschützt werden.

In a time when we all are grapping with deepfakes and the protection of our likeness, our own work, our own identities, I believe these are questions that deserve absolute clarity. I look forward to resolution in the form of transparency and the passage of appropriate legislation to help ensure that idividual rights are protected.

Wir wünschen Scarlett Johansson, dass ihr Optimismus nicht enttäuscht wird.

 

Ingrid Maas Karl Schmitz   5.6.2024