Chatbots können jetzt alleine ...

gpt-realtime heißt das Produkt, das OpenAI Ende August 2025 vorgestellt hat. Damit ausgestattete Chatbots können nun direkt miteinander und natürlich auch mit Ihnen als Kunde reden, ohne den Umweg des Gesprochenen über Text. Das klingt aufregender als es ist. Denn letzten Endes verwenden die Sprachmodelle hinter den Chatbots ihre eigene „Sprache“, und die besteht aus tokenisierten Bit-Folgen. Die größeren Modelle sind allesamt multimedial trainiert, mit Text, Bildern und Tönen. Alles wird durch den Wolf der Digitalisierung gedreht.

Für Sie als Benutzerin oder Benutzer entsteht der phantastische Eindruck, dass Sie sich mit dem Ding unmittelbar unterhalten und das Gerät Ihnen sofort mit Sprache antwortet - vorausgesetzt die Rechnerpower reicht aus, damit das auch real-time geht. Gag am Rande: Endlich kann man nun mit ChatGPT ausgestattete Smartphones allein miteinander reden lassen, Zwischenstation Mensch eingespart. Interessant, was sie sich zu erzählen hätten, bestimmt ein Forschungsprojekt wert (nach dem Motto Dein Chatbot das unbekannte Wesen).

Dahinter lockt ein fabelhaftes Geschäft ...

OpenAI ist eine technisch tüchtige Company, aber finanziell ziemlich klamm, Verluste ohne Ende. OpenAI hat nach eigenen Angaben 700 Millionen Nutzer, aber nur fünf Millionen zahlen die etwas über 20 Dollar monatlich. 2024 war der Verlust der Firma rund fünf Milliarden US-Dollar, nach aktuellen Prognosen für 2025 sollen es neun Milliarden werden. Kann man wohl mit Fug und Recht eine Geldverbrennungsmaschine nennen.

Also muss ein neues Geschäftsmodell her. Die Kunden-Abos bleiben natürlich. Dann bieten sich wesentlich teurere zahlungswillige Unternehmen an, die man mit der Aussicht locken kann, das neue Chatbot-Talent in ihre Systeme einzubauen, z.B. um damit KI-Agenten zu basteln. Und natürlich auch die Privatnutzer, jedenfalls die nicht zahlenenden, nicht ungeschoren davon kommen lassen: Sie sollen mit eingeblendeter Werbung beglückt werden, dank der hoch effektiven Personalisierungskünste der eingebauten KI natürlich viel erfolgversprechender, wird behauptet. Dafür kann man die Werbetreibenden dann verständlicherweise zur Kasse bitten.

Call Center drängen sich förmlich als Einsatzgebiet auf. Die neuen Speech-to-Speech-Sprach-Assistenten können nach zusätzlichem Training mit unternehmensspezifischen Daten selbstständige Gespräche führen, „intelligente“ Antworten geben und natürlich alles protokollieren, dank Transkription selbstverständlich in Textform. Verfügbar an sieben Tagen 24 Stunden, kein Urlaub. Wenn das keine maximale Entlastung der Call Center Agents ist.

Klar gibt es noch ein paar Kinderkrankheiten. Aber das kriegen die Techies schon hin, mit der Zeit. Ein wahrhaft verlockendes Geschäft.

 

Karl Schmitz • September 2025