Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität

Als Startschuss für ein eigenständigeres Europa haben Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ihren am 18. November 2025 in Berlin veranstalteten Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität angekündigt, eine EU-Vizepräsidentin war auch mit dabei. Der Bundesdigitalminister (ja, so etwas haben wir) mit einem Haufen von Ministerialkolleginnen und -kollegen aus über 20 Ländern und eine Tausendschaft geladener, wie es heißt hochrangiger Gäste komplettierten die Entourage.

Jemand hat Bundeskanzler Friedrich Merz das Wort Digitaler Raum auf einen Zettel geschrieben, und das hat er dann auch mit nachhaltiger Gestik vielfach wiederholt,

Wir sind uns einig, wir müssen aufholen, dringend...

so sein Mantra.

Unser Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung präsentiert sich in besagtem Digitalen Raum dann auch lieber auf englisch als Federal Ministry for Digital Transformation and Government Modernisation, klingt besser, moderner, politischer. Eine Variante mit „leichter Sprache“ befindet sich ebenfalls schon im Aufbau, offensichtlich für weniger intelligente Leserinnen und Leser, die die vielen Framdwörter nicht so gut verstehen.

Wer nun auf das Leuchtturmfeuer spektakulärer Initiativen gehofft hatte, Fehlanzeige, Politik nur fürs Schaufenster.

ZenDis, das 2024 ins Leben gerufene Zentrum für Digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung, darf mit ein paar Millionen Euro weiter vor sich hindümpeln. Es darf in wohlklingenden Worten ankündigen

Das ZenDiS agiert an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Tech-Ökosystem. Mit unserem agilen, co-kreativen Ansatz heben wir das immense Innovationspotenzial der Open-Source-Wirtschaft und machen es für einen souveränen Staat zugänglich. Diese Funktion des Brückenbauers spiegelt sich in unserem erfahrenen, interdisziplinären Team wieder. Bei uns trifft Fachexpertise aus der Verwaltung auf Digital- und Tech-Expertise aus Wirtschaft und Forschung. Gemeinsam entstehen so nicht nur souveräne digitale Lösungen. Wir leisten zudem wertvollen Wissenstransfer und treiben den Wandel zum digital souveränen Staat auf allen Ebenen voran.

Fahndet man nach tatkräftiger Unterstützung dieser begrüßenswerten Initiative durch die Politik, so wird die Luft dünn. Immerhin hat der Europäische Gerichtshof nach der Drohung, das E-Mail-Konto des Gerichtspräsidenten zu sperren, sein Microsoft-Office durch OpenDesk von ZenDis ersetzt.

So bleibt alles bei privaten Initiativen hängen: 12 Milliarden Euro Investitionen seien vereinbart worden. Herr Merz meint, das zeige deutlich, Europa entwickle neue Technologien und setze sie auch ein, um digitale Souveränität in wirtschaftlichen Erfolg zu übersetzen. Die Bundesregierung begrüßt - und tut weiter N I C H T S. Das konnte man früher schon einmal optimistischer sehen (s. Beitrag Digitale Souveränität).

Karl Schmitz • November 2025