Online-Mitarbeiterbefragung

Online-Befragungen der Beschäftigten in den Betrieben nehmen zu. Zwei Aspekte sind hier zu berücksichtigen:
  • Mitbestimmungspflichtigkeit der Mitarbeiterbefragung grundsätzlich gemäß § 94 Abs. 1 BetrVG (vgl. Beschluss des LAG Hessen vom 5.7.2001, 5 Ta BV 153/00) und

  • Besonderheiten durch die Online-Durchführung der Befragung.

Auf den ersten Punkt, der wesentlich vom Inhalt des Fragebogens abhängt, soll im Folgenden nicht eingegangen werden. Wir befassen uns vielmehr mit dem elektronischen Charakter der Befragung, der einige Zusatzprobleme aufwirft, die alle den Tatbestand der MItbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6, nämlich die objektive personenbezogene Überwachungseignung, erfüllen.

1.
Anonymität der Befragung
Mitarbeiterbefragungen sollten grundsätzlich nur anonym erfolgen. Soll von diesem Grundsatz abgewichen werden, so bedarf es dafür schwerwiegender Gründe, die für jeden Einzelfall vereinbart werden müssen. Kein Betriebsrat sollte einer namentlichen Befragung zustimmen, wenn die Antworten das Persönlichkeitsrecht der Befragten berühren.

Oft haben anonyme Befragungen einen demoskopischen Teil mit – nicht direkt personenidentifizierenden – Fragen zur Person wie z.B. Geschlecht, Alter, Abteilung/Organisationseinheit, Nationalität, Schulbildung usw. Hier ist darauf zu achten, dass durch die Kombination der verschiedenen Kategorien nicht ein „Rasterfahndungseffekt“ entsteht, der dann im Nachhinein eine Reindividualisierung ermöglicht.
2.
Trennung der Inhalts- und Teilnahmedaten
In Analogie zum von politischen Wahlen bekannten Briefwahlverfahren muss darauf geachtet werden, dass bei anonymen Online-Mitarbeiterbefragungen die von den Teilnehmern gegebenen Antworten in einer Form gespeichert werden, dass eine Zuordnung zur Person nicht mehr möglich ist, d.h. Inhalts- und Teilnahmedaten sind in nicht miteinander rückverknüpfbarer Form getrennt zu speichern.

Warum Teilnahmedaten überhaupt gespeichert werden, kann mehrere Gründe haben:

  • Es kann vereinbart werden, dass die Teilnahme Pflicht ist, z.B. wegen der Forderung der amerikanischen Gesundheitsadministration FDA, an einer Belehrung teilgenommen und einen Test bestanden zu haben.

  • Man möchte ausschließen, dass jemand mehrmals an einer Befragung teilnimmt.

Mehrere Verfahren erlauben die Einhaltung des Trennungsgebots von Inhalts- und Teilnahmedaten.

2.1 Lösung mittels eines an die Teilnehmer übermittelten Codewortes

Soll die zwangsweise Teilnahme einer Befragung festgehalten werden, so müssen die Teilnehmer sich bei der Beantwortung in einer geeigneten Form identifizieren. Sie könnten per Mail einen Link auf den Fragebogen erhalten, an den ein zum einmaligen Gebrauch für sie allein erzeugter Code dranhängt. Das Fragebogen-Auswertungssystem müsste die Personen und den ihnen zugeordneten Code kennen und würde bei der Beantwortung des Fragebogens in einer Teilnahmeliste (in Form einer eigenen Datenbanktabelle) nachsehen, ob der Code schon einmal benutzt wurde und in diesem Fall die erneute Teilnahme an der Befragung ablehnen. Handelt es sich um die erstmalige Beantwortung, so müsste das System die Beantwortung ohne Bezug auf die Mitarbeiterdaten (Identifikation und/oder Code) speichern und in seiner Teilnahmeliste die Teilnahme an der Befragung registrieren.

Wird nicht nur die zwangsweise Teilnahme an einer Befragung verlangt, sondern auch das Bestehen eines Tests, so dürfte die Registrierung erst dann erfolgen, wenn die Bedingungen für das Bestehen des Tests erfüllt sind. Hier ist darauf zu achten, ob die Zahl der Versuche, einen Test zu bestehen, im System registriert wird. Dies sollte natürlich ausgeschlossen werden. Vorzuziehen sind dann Regelungen, in denen für das Bestehen des Testes eine Frist gesetzt wird. In jedem Fall empfieht sich eine Vereinbarung für den betroffenen Einzelfall der Befragung, in der das weitere Verfahren dann beschrieben ist.

Soll lediglich ausgeschlossen werden, dass jemand mehrfach an einer Befragung teilnimmt, so kann das Verfahren weiter vereinfacht werden. In diesem Fall braucht das System keine Teilnehmerliste, sondern nur die Codewörter der Teilnehmer. Wer teilgenommen hat, wird in der Liste gestrichen und kann damit nicht erneut den Fragebogen beantworten.

Anonyme Statistiken über die Häufigkeit der Teilnahme, gegen die man keine Einwände zu erheben braucht, sind in allen geschilderten Varianten möglich.

2.2 Lösung mittels anderer Identfizierungen

Denselben Effekt kann man erreichen, wenn die Teilnehmer sich bei Aufruf des Fragebogens identifizieren müssen und vorher per Mail ein Passwort zugeschickt bekommen haben.

Ist der Fragebogen in einem Bereich positioniert, den man nur mit vorheriger Autorisierung erreichen kann, so lässt sich die im Autorisierungsverfahren vorgenommene Identifizierung der teilnehmenden Person verwenden. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Fragebogen nur über ein Mitarbeiterportal erreichbar ist. Voraussetzung ist natürlich, dass die Beschäftigten ihre Zugangsdaten wirklich geheim halten. Diese Lösungen haben den Nachteil, dass man bestimmte von den Portallieferanten gesetzte Bedingungen einhalten muss (nicht nur wenn das Portal von SAP stammt).

Schlecht sind Lösungen, die nur die IP-Nummer des Rechners oder eine andere Rechneridentifizierung registrieren, wobei ersteres natürlich nur möglich wäre, wenn die Rechner alle feste IP-Nummern haben und diese beim Hochfahren nicht dynamisch zugeteilt bekommen. Es ist nicht immer garantiert, dass diejenige Person, der der Rechner zugeordnet ist, auch wirklich den Rechner benutzt.

3. Regelung der Auswertungen

Ob ein Betriebsrat auf eine Regelung der Auswwertungen zu den Fragebogeninhalten Wert legt, wird von der Art dieser Inhalte abhängen. Beziehen diese sich beispielsweise auf Fragen der Unternehmenskultur oder auf das Führungsverhalten der Vorgesetzten, so liegt eine andere Situation vor, als wenn es sich um einen Test zur Arbeitssicherheit oder eine Beurteilung der Zufriedenheit mit dem Kantinenessen handelt. Es ist nur schwer möglich, hier allgemein gültige Regelungen vorzuschlagen. Daher bieten sich Verfahrensregelungen an, etwa derart:

  • Der Betriebsrat erhält vor Onlinestellung den Vorschlag für die Mitarbeiterbefragung. Macht er bezüglich der Fragen Regelungsbedarf geltend, so ist mit ihm Einvernehmen über die Fragen zu erzielen.

  • Dem Betriebsrat wird ebenfalls das Auswertungskonzept vorgestellt. Wenn die Auswertung nicht anonym erfolgt oder durch die Kombination der abgefragten Informationen die Gefahr einer Reindividualisierung besteht, so ist auch über das Auswertungskonzept Einvernehmen zu erzielen.

  • Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine gemeinsame Bewertung der Auswertung zu vereinbaren, jedenfalls immer dann, wenn der Betriebsrat ein inhaltliches Interesse an den Ergebnissen der Befragung geltend macht.

Für den Fall, dass man kein Einvernehmen erzielt, benötigt man eine Konfliktauflösung. Dies wird in der Regel die dann anzurufende Einigungsstelle sein.