Betriebsvereinbarung zur Einführung von Vertrauensarbeitszeit im Zusammenhang mit einem Zielmanagement

Stand November 2003
  Diese Vereinbarung bezieht sich auf einen sehr speziellen Fall und war für den Consulting-Bereich eines Unternehmens vorgesehen. Die Erfassung der Arbeitszeit wurde abgeschafft. Der Betriebsrat bestand auf der gleichzeitigen Einführung eines Systems von Zielvereinbarungen, um einer drohenden Verdichtung der Arbeit entgegenzuwirken.

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Gegenstand und Geltungsbereich
Diese Vereinbarung regelt die Einführung und Praktizierung einer Vertrauensarbeitszeit bei der ... [Name der Firma] und gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Standorts ... [Name des Standorts].

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Arbeitszeit
Die Beschäftigten treffen die Wahl ihrer Arbeitszeit im Rahmen eines vereinbarten Arbeitszeitrahmens in eigener Verantwortung unter Beachtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere treffen sie die Terminabsprachen mit den Kunden und entscheiden selber über die Zeit und den Arbeitsort (Firma oder zu Hause) ihrer Vorbereitung.

Dabei haben sie Teambesprechungen mit Präsenzpflicht zu berücksichtigen.

2.1 Arbeitszeitrahmen
Der Arbeitszeitrahmen umfasst die Werktage Montag bis Freitag unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen (insbes. maximal 10 Stunden am Arbeitstag) sowie Samstag bis maximal sechs Stunden bei einer täglichen Lage der Arbeitszeit zwischen 6:00 und 20:00 Uhr.

Abweichungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe unter Beachtung der folgenden Regeln erlaubt:

2.2 Als schwerwiegende Gründe gelten:
  • Abweichende Lage der Arbeitszeit infolge von Kundenanforderungen (z.B. wegen Schichtmodell)

  • Reisezeiten außerhalb des oben definierten Arbeitszeitrahmens unter Beachtung der geltenden Reisezeitordnung

2.3 Regeln für das Abweichen vom Arbeitszeitrahmen
Der Betriebsrat wird über jede Abweichung vom Arbeitszeitrahmen im Einzelfall vorab schriftlich informiert.

Widerspricht er einer geplanten Abweichung, so muss er dabei geltend machen, dass die Abweichung unangemessen oder unzumutbar ist. In diesem Falle ist über die Angelegenheit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung zu verhandeln.

2.4 Mehrarbeit
Soweit Arbeiten nicht im Rahmen der Regelungen gemäß Ziff. 2.1 bis 2.3 durchgeführt werden können, werden sie als Mehrarbeit behandelt.
Die Zuschläge berechnen sich in Anlehnung an § ... [Bezug auf einen Tarifvertrag] wie folgt:
  • Für Arbeiten zwischen 20:00 und 6:00 Uhr und an Samstagen nach 12:00 Uhr 50 Prozent

  • an Sonntagen vor 12:00 Uhr 30 Prozent und nach 12:00 Uhr 50 Prozent

  • an entgeltzahlungspflichtigen Feiertagen 100 Prozent.

2.5 Freie Arbeitstage

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können im Rahmen ihrer Eigenverantwortung unter Berücksichtigung betrieblicher Belange uneingeschränkt freie Tage zum Ausgleich ihrer Arbeitszeit nehmen.


2.6 Nachweis der Arbeitszeit
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeichnen ihre Arbeitszeiten mit den jeweiligen Beginn- und Ende-Uhrzeiten arbeitstäglich auf. Diese Aufzeichnungen werden für die Dauer von mindestens zwei Jahren verfügbar gehalten.

Sie leiten diese Aufzeichnungen monatlich zu ihrem Arbeitszeitbeauftragten weiter. Die Aufzeichnungen gelten als verbindliche Erklärungen der Beschäftigten über ihre Arbeitszeit.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden Krankheit, Urlaub, Ausgleichstage für Zeitguthaben, Dienstreisen und Fortbildung bei ihrem Zeitbeauftragten.

2.7 Weitere Regelungen
Der Arbeitgeber informiert die Beschäftigten über die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Arbeitszeit und die Regelungen aus dieser Betriebsvereinbarung durch eine geeignete Informationsschrift.

3 Zielvereinbarungen
Das Unternehmen setzt Zielvereinbarungen als Führungsinstrument ein. Beim Abschluss dieser Zielvereinbarungen sind insbesondere folgende Rahmenbedingungen zu beachten:
  • Die vereinbarten Ziele müssen realistisch und dauerhaft ohne Beeinträchtigung der Gesundheit erreichbar sein.

  • Sie dürfen keine Konflikte zwischen qualitativen und quantitativen Zielen enthalten.

  • Handelt es sich um eine nur im Team zu bewältigende Arbeitsaufgabe, so wird statt der Einzelvereinbarung eine Teamvereinbarung mit allen Mitgliedern des Teams abgeschlossen.

  • Die Zielvereinbarungen enthalten auch diejenigen Leistungen, die das Unternehmen zur Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchführen muss (in der Regel Qualifizierungsmaßnahmen).

  • Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Recht und die Pflicht, bei erkennbarem Nichterreichenkönnen von vereinbarten Zielen auf eine Überprüfung und Korrektur ihrer Zielvereinbarung hinzuwirken.

  • Insbesondere können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich an den Betriebsrat wenden, wenn ihnen die zum Erreichen ihrer Ziele erforderliche Arbeitszeit „aus dem Ruder“ läuft oder wenn sie geltend machen, dass die Regelungen dieser Vereinbarung nicht eingehalten werden. Der Betriebsrat kann dann seinerseits auf eine Veränderung der entsprechenden Zielvereinbarungen hinwirken, über die Einvernehmen mit der Arbeitgeberseite zu erzielen ist.

  • Der Betriebsrat hat das Recht, zur Aufklärung und Bewertung der jeweiligen Sachverhalte sachkundige Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in beratender Funktion hinzuziehen; § 80 Abs. 3 BetrVG bleibt hiervon unberührt.

  • Die Möglichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich untereinander vergleichen zu können, ist durch regelmäßige Besprechungen zu gewährleisten.

  • Dem Betriebsrat obliegt ferner die Überprüfung der Einhaltung dieser Spielregeln. Macht er Abweichungen geltend, so ist über denen Abhilfe ebenfalls mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung zu verhandeln.

4 Schlussbestimmungen
In allen Fällen, in denen diese Vereinbarung das Einvernehmen beider Seiten vorsieht, entscheidet bei Nichteinigung eine gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle.

Diese Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie kann mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung wirkt sie nach bis zum Abschluss einer neuen Regelung.