Die ökonomischen Begleitumstände der Globalisierung

Kein Kraut sei gewachsen ...

 

Mobiles Kapital

heißt das Zauberwort. Doch nicht ohne Bedrohung für die Weltwirtschaft. Ein krisenauslösendes Hauptproblem ist die Mobilität des Kapitals, und zwar der kurzfristigen Engagements, nicht der langfristig orientierten Direktinvestitionen.

Andererseits ist das kurzfristig mobile Kapital ein unentbehrliches Ordnungselement auf internationaler Ebene. Es übt eine Art Wächterfunktion aus und dient damit auch den Direktinvestitionen. Indem es die sicheren Häfen sucht und den gefährlicheren Plätzen entflieht, erzieht es zu einem Tun und Lassen in der Wirtschaftspolitik, das Vertrauen weckt und zum Bleiben ermuntert. So werden Zuverlässigkeit, Vorhersagbarkeit und Offenheit gefördert... So weit zunächst einmal Herbert Giersch.

Nationale Politik verliert rapide an Einfluß, meint Herr Giersch weiter. Internationale mobile Produktionsfaktoren können sich, wenn sie wollen, jeglicher Besteuerung entziehen, solange es Steueroasen gibt. Dies hat aber auch Kostenfolgen, weil an den neuen Zielorten wegen der Bodenknappheit die Mieten steigen. Umgekehrt trifft es die Grund- und Bodenbesitzer, wenn der Steuerstaat zu kassierfreudig ist und zuwenig Gegenleistungen bietet: die mobilen Faktoren wandern wieder ab.

Ein neues supranationales Gemeinschaftsgefühl schreit nach Steuerharmonisierung. Aber keine Angst vor einem neuen mystischen Vaterland. Davor bewahren uns die Mobilität der Menschen und das Vordringen einer kosmopolitischen Moral, hofft Herr Giersch.

Und da ist noch was: die Sozialpolitik. Für Wohltaten des Sozialstandards zahlen die scheinbar Begünstigten durch Arbeitslosigkeit, sagt Herr Giersch. Oder mit Abschlag am Barlohn, wenn sie Arbeit behalten wollen. Herrn Gierschs Rat an die Beschäftigten der Peripherie: weiträumige Sozialstandards, die im Zentrum gefordert werden, um sogenanntes Sozialdumping zu unterbinden, schlechthin ablehnen. Also arm und billig bleiben. Um denen im Zentrum Feuer unter gewissen Körperteilen zu machen - oder wozu?

Umverteilung durch Zwang ist angesagt, damit ein neues Gleichgewicht sich findet. Die Globalisierung wird es besorgen. Unberührt von der Globalisierung bleiben nach Giersch freiwillige Umverteilungssysteme, Kirchen, Sekten, karitative Organisationen usw., deren Spielraum durch Zurückweichen des Sozialstaates noch vergrößert wird. Dann doch wieder ein bißchen Zwang: Jeder Bürger könnte verpflichtet werden, einen bestimmten Teil seines Einkommens für gemeinnützige und altruistische Zwecke zu reservieren, dürfte aber selber entscheiden, welcher Organisation er wieviel zu spenden gedenkt. "Auf der Straße zu betteln braucht auf die Dauer niemand", natürlich nicht. Kommt das Geld vielleicht doch aus der Steckdose? Ein weiterer Vorschlag: "Ähnlich könnte man die Sozialversicherung privatisieren, vergleichbar der Haftpflichtversicherung von Kraftfahrzeugen. Eine überlegenswerte Idee, jedenfalls wenn man die Auffassung teilt, der unfähigsten aller Institutionen, dem Staat, so viele Aufgaben wegzunehmen wie nur irgend möglich.

Dann doch wieder ein bißchen Staat, aber nur ein bißchen:

Je weiter die Horizonte, um so größer die Schätze, die sich entdecken und heben lassen. Offenheit im Verhältnis zur übrigen Welt muß ein öffentliches Gut sein und ist von hohem Wert. Und nun der Schlußappell:

Einverstanden ?

Nicht alle sind so grüblerisch wie Herr Giersch. Sein Nachfolger Horst Siebert in Kiel hat ein paar Rezepte auf Lager.