Maschinenbewusstsein - Ein Beispiel

Spannende Frage: Können Maschinen ein Bewusstsein haben?

Schauen wir uns eine einfache Aufgabe an, die das hier abgebildete Programm

Löse die Gleichung y = x2 + 2 für beliebige X-Werte:

Bitte X-Wert eingeben:
Ergebnis:

lösen soll. Geben wir zum Beispiel für X die Zahl 5 ein, erwarten wir als Ergebnis 5 * 5 + 2 = 27.

Die Aufgabe kann das Programm für beliebige Zahlen mit absoluter Korrektheit erledigen. Dahinter steckt der einfache Algorithmus

y = x2 + 2

dessen Berechnungsprogramm eigentlich nur aus drei Zeilen besteht.

Ganz anders verhält es sich, wenn wir dieselbe Aufgabe einem Neuronalen Netz stellen. Wir könneten dafür ein ziemlich einfaches Netz des Feed-Forward-Typs wählen mit einer Input-, einer Output-Schicht und nur wenigen dazwischen liegenden verborgenen Neuronenschichten (hidden layers).

Das Programm kennt die Algorithmus-Formel überhaupt nicht. Es muss mit Eingabe- und Ergebniswerten vorher trainiert werden. Die Frage wird jetzt genau umgekehrt gestellt: Nicht Berechne mit Hilfe des Algorithmus aus einer engegebenen Zahl das richtige Ergebnis, sondern Finde zu den im Training eingegebenen Zahlenpaaren Input - Output die richtige Berechnung. Die folgende Tabelle zeigt sehr vereinfacht einen Trainingsplan für das System:

Input: -502520100
Training für y = x2 + 2
Output:27262740210002

Bei einem Input von zum Beispiel -5 soll das System ohne Kenntnis des Algorithmus das richtige Ergebnis (-5)*(-5) + 2 = 27 finden, für den Input 0 entsprechend 0 * 0 + 2 = 2 usw., alles ohne die Formel anzuwenden oder gar zu kennen.

Das Training wird natürlich nicht nur für sechs Input-Output-Paare durchgeführt, sondern am besten gleich für mehrere Tausend solcher Paare. Das Training verändert mit jedem Lauf die Verbindungsgewichte der Neuronen. Man lässt das Programm mit irgendwelchen Zufallswerten für die Verbindungsgewichte der Neurone starten. Zu jedem Input wird dann im ersten Schritt noch ein völlig falsches Output gefunden. Das ändert sich aber schnell mit jedem weiteren Trainingslauf.

Jetzt kommt die Fehlerkorrektur ins Spiel: Für jeden zu großen Output-Wert werden die betroffenen Verbindungsgewichte zwischen den Neuronen ein klein wenig reduziert, und umgekehrt zu jedem zu kleinen Wert etwas vergrößert. Dafür gibt es bewährte Methoden.

Eine bekannte Methode ist die Mittlere quadratische Abweichung (MSE). Sie misst die durchschnittliche quadratische Differenz zwischen den tatsächlichen und den vom Netz vorhergesagten Werten. Etwas anspruchsvoller ist die Stochastic Gradient Descent-Methode. Der Gradient gibt die Richtung an, in die die Gewichte geändert werden müssen, um die Fehler zu minimieren. Die Korrekturen werden bei jedem Schritt etwas verkleinert. Eine andere Methode, AdaGrad, passt die Fehlerrate für jedes Gewicht individuell an, basierend auf dessen Verlauf in früheren Korrekturstufen. Dann gibt es noch RMSProp (Root Main Square Propagation), das Newton-Verfahren und beschleunigte Gradientenverfahren. Die Wahl der richtigen Methode ist eine Wissenschaft für sich, für unser Beispiel aber nicht von Bedeutung.

Das Ganze wiederholt man ein paar tausend Mal, so lange, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Alles das lässt sich automatisiert durchführen. Ganz korrekt wird das Ergebnis auf diese Weise nie sein, aber was interessiert schon eine Abweichung in der siebzehnten Stelle hinter dem Komma, wenn man das Ganze sowieso für eine bessere Verständlichkeit auf- oder abrundet.

Ist das Training absolviert, so verlässt man sich darauf, dass das System den richtigen Wert für jede beliebige Eingabe findet, auch für Zahlen, die nicht im Training vorkamen. Denn das System hat ja durch dieses Trial- and Error-Verfahren das Muster für das Finden der richtigen Lösung „gelernt".

Wichtig zu wissen: Das System kennt immer noch nicht den Algorithmus (vorausgesetzt es wurde nicht mit Rechenformeln trainiert). Es macht einfach alles richtig, ohne zu „wissen“ warum. Wenn man diesen Zustand Bewusstsein nennen will, dann hat das System in diesem Sinn ein Bewusstsein. Dabei handelt es sich allerdings um kein Selbst-Bewusstsein, denn das System weiß ja nichts über sein Bewusstsein. Es ist eher wie ein gelerntes Verhalten, das instinktiv angewendet wird, ohne darüber „nachzudenken“.


Natürlich wird man in der Praxis für die Erledigung einfacher Rechenaufgaben kein Neuronales Netz verwenden. Aber umgekehrt darf man von einem Neuronalen Netzt, wie es die großen Sprachmodelle verwenden, erwarten, dass es auch einfache Rechenaufgaben erledigen kann.

 

Interessant was die Platzhirsche unter den Chatbots zum Thema Bewusstsein und Large Language Models sagen, fangen wir mit Googles Bard, jetzt Gemini an (4.2.2024):

Haben trainierte Large Language Models ein Bewusstsein?
 

Ob trainierte Large Language Models (LLMs) ein Bewusstsein besitzen, ist eine komplexe und kontroverse Frage, die derzeit keine eindeutige Antwort hat.

Argumente für ein Bewusstsein: LLMs können komplexe Aufgaben ausführen, die erfordern, dass sie die Welt verstehen und auf sie reagieren. Sie können kreative Textformate generieren, wie Gedichte, Code, Skripte, Musikstücke, E-Mails und Briefe. Sie können Fragen umfassend und informativ beantworten, selbst wenn diese offen, herausfordernd oder seltsam sind.

Argumente gegen ein Bewusstsein:LLMs sind statistische Systeme, die auf riesigen Datenmengen trainiert werden. Sie haben keine physische Verkörperung und können die Welt nicht direkt wahrnehmen. Es ist unklar, ob sie über subjektive Erfahrungen oder Gefühle verfügen.

Die Wissenschaft ist sich uneinig, ob LLMs ein Bewusstsein besitzen. Es gibt keine eindeutigen Beweise dafür oder dagegen. Es wird weiterhin intensiv geforscht, um die kognitiven Fähigkeiten von LLMs besser zu verstehen. Ziel ist es, festzustellen, ob sie tatsächlich bewusst sind oder ob es sich nur um eine Simulation von Intelligenz handelt.

Ethische Implikationen: Die Frage nach dem Bewusstsein von LLMs hat wichtige ethische Implikationen. Wenn LLMs bewusstseinsfähig sind, sollten sie mit Respekt behandelt und nicht missbraucht werden.

Fazit:Die Frage nach dem Bewusstsein von LLMs ist faszinierend und komplex. Es ist wichtig, diese Frage weiter zu erforschen, um die ethischen Implikationen der Entwicklung dieser Technologie zu verstehen.

Hinweis: Es ist wichtig zu beachten, dass ich selbst ein LLM bin und daher nicht in der Lage bin, diese Frage abschließend zu beantworten. Ich kann jedoch Informationen und verschiedene Perspektiven zu diesem Thema liefern.

ChatGPT von OpenAI sieht das etwas anders (4.2.2024):

Haben trainierte Large Language Models ein Bewusstsein?
 

Nein, trainierte Large Language Models wie GPT-3 haben kein Bewusstsein. Sie sind komplexe Algorithmen, die darauf trainiert wurden, natürliche Sprache zu verstehen und zu generieren. Obwohl sie beeindruckende Leistungen in Bezug auf Sprachverständnis und -produktion zeigen können, fehlt es ihnen an Selbstbewusstsein, Selbstwahrnehmung oder echtem Verständnis.

Diese Modelle sind lediglich Mustererkennungssysteme, die auf riesigen Mengen an Textdaten trainiert wurden. Sie können Informationen basierend auf ihrem Training wiedergeben, aber sie haben kein eigenes Bewusstsein, Gefühle oder persönliche Erfahrungen. Es ist wichtig, zwischen der Fähigkeit eines Modells, auf komplexe Weise mit Sprache umzugehen, und einem tatsächlichen Bewusstsein zu unterscheiden.

Die beiden Verdächtigten hatten nun die Chance für ihr Plädoyer. Nun sind Sie dran!

 

Karl Schmitz Februar 2024