Die Verstaatlichung von Deutschlands Vorzeige-Pleitebank Hypo Real Estate (HRE) rückt näher. Am 4. Mai lief die Frist an die Aktionäre ab, ihre Anteile an den Bund zu verkaufen. Der US-Finanzinvestor JC Flowers (rechts im Bild) hatte bereits Ende April signalisiert, dass er an seinem 25%-igem Aktienpaket festhalten und nicht verkaufen werde. Die Enteignung durch Berlin steht also in naher Zukunft bevor. Gerichtliche Auseinandersetzungen werden die Folge sein.
Sündenfall oder Heilsversprechung? Die klare Meinung dazu im Blätterwald erstaunt uns dann doch: Dass die Kommentatorin der TAZ die Verstaatlichung der HRE begrüßt, ja sogar fordert, das überrascht nicht wirklich. Dass aber die deutsche Wirtschaftspresse die Enteignung der Aktionäre nahezu durchgängig für richtig erachtet, finden wir durchaus bemerkenswert.
Ausschnitte aus den Kommentarspalten der Zeitungen:
FAZ (Holger Steltzer)
"Warum soll der Steuerzahler Flowers etwas schenken und doppelt für die Rettung der HRE bezahlen?
Zur Marktwirtschaft gehört neben dem Privateigentum die Haftung der Eigentümer. Gegen diese Regel verstößt die HRE; hier haftet der Steuerzahler. Das ist für die Akzeptanz der marktwirtschaftlichen Ordnung eine größere Bedrohung als eine mögliche Enteignung einiger HRE-Investoren." (Link)
Handelsblatt (Robert Landgraf)
"Ohne die Milliarden und Aber-Milliarden schweren Liquiditätshilfen und Bürgschaften des Staates und der Banken wäre die HRE schon lange nicht mehr. Aus. Vorbei. Keinen Cent hätten die Aktionäre bekommen.
Berlin muss den Weg bis zum bitteren Ende gehen und die Aktionäre enteignen - ohne Wenn und Aber." (Link)
Financial Times Deutschland (bereits im Februar)
"Der Begriff Enteignung ist in diesem Fall grob irreführend: Was der Staat an sich zieht, ist eben kein werthaltiges Eigentum mehr, sondern nur noch eine Ruine, die allein mit staatlicher Hilfe saniert werden kann." (Link)
Die ZEIT (Mark Schieritz)
"Die Entscheidung ist richtig. Die Regierung ist mit einer Situation konfrontiert, in der die Gesetze der Marktwirtschaft nicht mehr gelten.
Der Markt alleine hätte die Großaktionäre JC Flowers schon längst enteignet, der Staat nimmt ihm diese Aufgabe jetzt ab." (Link)
tageszeitung (Ulrike Herrmann)
"Flowers ist ein Erpresser. Er spielt mit dem Wissen, dass der Staat die Hypo Real Estate nicht pleitegehen lassen kann. Doch das war von ihm zu erwarten. Wirklich erschütternd ist, dass sich der Staat erpressen lässt - und nun schon seit Wochen innerhalb der Regierung diskutiert wird, ob man denn tatsächlich enteignen darf. Man darf. Man muss." (Link)
Risikobereiter Investor ... Wussten Sie, dass Flowers zu einem Zeitpunkt bei der Hypo Real Estate eingestiegen ist, als sich das Unternehmen bereits in der Krise befand, sich der Aktienkurs innerhalb weniger Wochen halbiert hatte und die Presse bereits vor weiteren Risiken warnte? Kann man nachlesen! In einem Artikel des Manager-Magazins vom April 2008. Das Internet vergisst nicht... |