In dieser Science Fiction-Novelle aus dem Jahr 1957 wird mit der Vorstellung aufgeräumt, Leben und vor allem Intelligenz sei nur auf Basis organischer Chemie möglich. Das könnte den heute am Thema Maschinelles Bewusstsein arbeitenden Ingenieuren gefallen. Getoppt wird die Phantasieerzählung noch dadurch, dass es sich bei dem seltsamen fast nur aus Wasserstoffatomen bestehenden kosmischen Wesen um eine den Menschen weit überlegene Superintelligenz handelt.


Die Schwarze Wolke

Fred Hoyle († 2001) war ein international anerkannter britischer Astrophysiker und scharfer Kritiker des Big Bang, der immer noch als main stream geltenden Urknall-Theorie über die Entstehung des Weltalls. Seine Steady State-Theorie beschrieb eine urknallfreie kontinuierliche Ausbreitung des Universums und passte nicht in das damalige Weltbild. Jetzt, über ein halbes Jahrhndert später, wird seine Idee wieder zaghaft in Erwägung gezogen. Auch ansonsten war er seiner Zeit voraus und verfasste 1957 die Science Fiction-Novelle The Black Cloud.

Die Story

Darin nähert sich eine riesige, dunkle interstellare Wolke der Erde und droht, das Sonnenlicht zu blockieren. Wissenschaftler weltweit alarmieren die Politiker. Sorgfältig ausgesuchte Wissenschaftler, eingeschlossen in einem geheim gehaltenen Camp in Südengland, sollen erkunden, was genau zu befürchten ist. Sie finden schnell heraus, dass es sich bei der Gaswolke nicht nur um ein kosmologisches Objekt handelt, sondern um ein Lebewesen mit einer übermenschlichen Intelligenz, das sich auf einer Reise von Sonnensystem zu Sonnensystem befindet, um sich mit Energie vollzutanken. Schnell wird klar, dass durch die Verdunklung das Leben der ganzen Menschheit in Gefahr geraten kann. Ausführlich beraten die Wissenschaftler, wie die Kommunikation mit den Politikern zu gestalten ist, um einerseits Panik zu vermeiden, andererseits die Politik mit handlungsrelevanter Information zu versorgen.

Es kommt wie befürchtet, die Wolke verursacht Klimakatastrophen ohne Ende, mit dramatischen Folgen für die Menschheit. Schließlich gelingt es den Wissenschaftlern, Kontakt mit der Wolke aufzunehmen. Die Forscher hatten sie mit Unmengen von Buch-, Ton- und Filmmaterial versorgt. Die Wolke lernte daraus schnell die Muster erkennen, wie Menschen leben und denken und begann einen Dialog mit den Wissenschaftlern, der trotz aller der damaligen Zeit geschuldeten technischen Schwierigkeiten Dimensionen von Vetraulichkeit annimmt.

Die Wolke verrät den Wissenschaftlern, dass sie Ähnliches wie die Gefühle der Menschen empfinden kann und auch verletzlich ist, z.B. durch radioaktive Stoffe, die ihre innere Organisation zerstören könnten. Politiker erfahren von diesem Dialog und versuchen, ohne vorherige Kommunikation mit den Wissenschaftlern durch massiven Raketenbeschuss mit radioaktivem Müll das Leben der Wolke zu zerstören. Doch diese schickt die Raketen kurzerhand an ihre Abschussorte zurück.

Der Versuch, mit der Wolke direkten unimittelbaren Kontakt aufzunehmen und teilzuhaben an ihrer Art zu denken, überfordert allerdings die Wissenschaftler. Zwei Personen sterben an den zu großen Strapazen für ihr Gehirn. Die Wolke lässt die Menschen in Ruhe und zieht weiter, das Ende der Geschichte.

Kleine Nachbetrachtung

Der schwierige Dialog Wissenschaft-Politik durchzieht wie ein roter Faden die ganze Novelle. Der Vergleich des Wissenschaftler-Camps mit dem amerikanischen Manhattan-Projekt drängt sich förmlich auf. Nur waren es nicht Heerscharen von Menschen wie in diesem Projekt, sondern nur etwas mehr als ein Dutzend Wissenschaftler. Das Manhattan-Projekt wurde ins Leben gerufen, um durch die Entwicklung einer Atombombe als damalige Superwaffe dem Spuk des Hitler-Deutschlands ein Ende zu setzen. Doch die Waffe wurde zu spät fertig. Sie über zwei japanischen Städten nach der deutschen Kapitulation noch abzuwerfen, gilt nach überwiegender heutiger Meinung als nicht gerechtfertigt. Die Wissenschaftler-Community in Hoyles Novelle muss ein ähnliches Schicksal erleben, Politiker setzen sich im Verharren in ihren Handlungsmustern über die gewonnenen Erkenntnisse der Wissenschafter hinweg und richten großes Unheil an.

Der Mut, Vorurteile und Dogmen oder auch nur herrschende Meinungen in Frage zu stellen, ist ein anderes Thema. Dass der Autor in der Beschreibung einer seiner Titelfiguren zumindest Elemente der eigenen Biografie sieht, gibt er selber zu. Sich Leben in einer anderen Form vorzustellen, als wir es kennen, ist einer dieser Punkte, ebenso die Art, wie die Kontaktaufnahme zu der Superwolke beschrieben wird. Man denkt unweigerlich an die für die Künstliche Intelligenz bekannten Trainingsmethoden, zur damaligen Zeit noch jenseits aller Vorstellung.

Karl Schmitz • Juli 2025