Mitarbeiterdialog

Die Vereinbarung wurde in einem Unternehmen mit über 10.000 Beschäftigten abgeschlossen. Mitarbeiterbeurteilung und die Erörterung von Personalentwicklungsmaßnahmen sind in einem Mitarbeitergespräch zusammengefasst und finden getrennt vom Zielmanagement statt. Der Name Mitarbeiterdialog wurde gewählt, um zu signalisieren, dass im Gegensatz zur weitverbreiteten Praxis der Beurteilungsgedanke hinter dem Entwicklungsgedanken zurückzutreten hat. Im SAP-System werden nur Termine und vereinbarte Qualifizierungsmaßnahmen gespeichert.

Betriebsvereinbarung Mitarbeiterdialog

Präambel

Das Unternehmen führt den Mitarbeiterdialog als systematisiertes Führungsinstrument ein, mit dem Ziel der individuellen und bedarfsbezogenen Förderung der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Berücksichtigung der strategischen Unternehmens- und Bereichsziele.

Durch den Vergleich der individuellen Kompetenzen mit den bestehenden bzw. sich verändernden Anforderungen der Tätigkeit soll der Entwicklungsbedarf aufgezeigt werden. Aus diesem Bedarf sollen konkrete Entwicklungsmaßnahmen abgeleitet und vereinbart werden.

Gegenstand und Geltungsbereich

Diese Vereinbarung regelt die Durchführung  eines Mitarbeiterdialogs und die Modalitäten einer gegebenenfalls erfolgenden dauerhaften Anwendung des Verfahrens. Das Verfahren wird gemäß dem in Anlage 1 vereinbarten Zeitplan in den dort aufgelisteten Unternehmensbereichen umgesetzt.

Grundsätze

Der Mitarbeiterdialog versteht sich als ein Verfahren der Personalentwicklung, bei dem verbindlich regelmäßige Mitarbeitergespräche geführt werden, die die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verbessern und unter Abwägung der Anforderungen des Unternehmens sowie der Interessen und Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konkrete Schritte der individuellen Personalentwicklung festlegen sollen.

Beide Seiten sind sich einig, dass dabei der Beurteilungsgedanke im Hintergrund bleiben, der Personalentwicklungs-Gedanke jedoch im Vordergrund stehen soll.

Ferner gilt der Grundsatz, dass innerhalb des Mitarbeiterdialogs nichts vereinbart werden darf, wofür die erforderlichen Ressourcen nicht bereit gestellt werden.

Das Verfahren wird getrennt vom bereits eingeführten Zielvereinbarungssystem betrieben.

Einführungsphase

Als Grundlage für die Besprechung des Aufgabenbereichs des Mitarbeiters im Rahmen des Mitarbeiterdialogs dienen nach Beratung mit dem Gesamtbetriebsrat Stellenbeschreibungen, in denen die Hauptaufgaben der Stelleninhaber aufgeführt sind.

Die Führungsgrundsätze des Unternehmens sowie die entsprechende Unternehmensstrategie werden nach Beratung mit dem Gesamtbetriebsrat im Rahmen der unternehmensweiten Einführung Gegenstand des Mitarbeiterdialogs.

In den bereits gemäß Anlage 1 ausgewählten und den jährlich zwischen den Betriebsparteien abgestimmten hinzukommenden Fachbereichen finden in der Zeit von Januar bis Juli des jeweiligen Jahres Mitarbeitergespräche statt, die folgenden Zwecken dienen:

In regelmäßigen Abständen findet eine Evaluierung in anonymisierter Form unter Einbeziehung aller teilnehmenden Führungskräfte und Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter statt. Hierzu wird der als Anlage 2 beigefügte Fragebogen verwendet. Das Ergebnis der Feedback-Gespräche und die Auswertung des Fragebogens werden mit dem Gesamtbetriebsrat ebenfalls in regelmäßigen Abständen beraten.

Alle Führungskräfte und Mitarbeiter erhalten in identischer Form einen Leitfaden, in dem das Verfahren ausführlich beschrieben wird. Der Gesamtbetriebsrat erhält eine Kopie der jeweils aktuellen Fassung.

Im Rahmen der Qualifizierungsprogramms werden Schulungen für die Führungskräfte durchgeführt. Das Thema Mitarbeiterführung wird als fester Bestandteil in das Führungskräfte-Qualifizierungsprogramm aufgenommen. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Durchführung von Mitarbeiterdialogen erst nach erfolgter vorbereitender Schulung der Führungskraft erfolgen darf.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten ebenfalls eine Schulung. Umfang und Inhalt der Schulungen sowie die Trainerauswahl werden im Rahmen von § 98 BetrVG mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart. Die Erstschulungen finden zeitnah vor der Durchführung der Gespräche statt.

Unternehmen und Gesamtbetriebsrat stellen einvernehmlich das erfolgreiche Ende der Vorbereitungsphase fest; erst danach erfolgt - ggf. nach rechtzeitiger Vereinbarung erforderlicher Änderungen - die Freigabe für die zweite Phase.

Ablauf des Verfahrens

Der direkte Vorgesetzte (z.B. Ressortleiter, Abteilungsleiter) führt das Mitarbeitergespräch, auf das sich beide Seiten anhand des Leitfadens für die Gesprächsführung vorbereiten. Dazu wird eine Vorbereitungsfrist von mindestens einer Woche eingeräumt. Das Gespräch soll in einer ruhigen, vom Tagesgeschäft nicht gestörten Atmosphäre und ohne Zeitdruck stattfinden. Die Führungskräfte sind gehalten, für die Durchführung eines Gesprächs in der Regel ein bis zwei Stunden Zeit zu reservieren.

Das Mitarbeitergespräch gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil befasst sich mit dem Lernen aus vergangenen Aufgaben. Der zweite Teil dient der Klärung der angestrebten Entwicklung. Daraus leiten sich individuelle Entwicklungsmaßnahmen unter Berücksichtigung des Unternehmensbedarfs und der Interessen der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters ab.

Im ersten Teil des Mitarbeitergesprächs erfolgt eine Besprechung der bisherigen Arbeit. Es werden in gegenseitigem Einvernehmen drei bis fünf Aufgaben (einzelne Tätigkeiten oder Projekte) ausgewählt. Dabei findet eine Erörterung von fachlichen Kompetenzen, Methodenkompetenzen und sozialen Kompetenzen statt.

Das Gespräch wird schriftlich anhand eines als Anlage 3 vereinbarten Arbeitsblatts protokolliert. Dieses umfasst lediglich die ausgewählten Aufgaben und eine formlose Kommentierung.

Die Arbeitsblätter stehen nach dem Gespräch ausschließlich den beiden Gesprächspartnern zur Verfügung. Die Dokumente sind vertraulich zu behandeln und werden nicht an den Personalbereich weitergeleitet.

Die bei der Führungskraft aufzubewahrenden Unterlagen werden spätestens beim Ausscheiden der Führungskraft vernichtet. Bei Versetzung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters oder bei Führungskraftwechsel erfolgt die Weitergabe der Unterlagen nur in dem Umfang, dem die betroffenen Personen zugestimmt haben.

Der zweite und zentrale Teil des Gesprächs dient der persönlichen Entwicklung. Dazu wird das in Anlage 4 vereinbarte Rückmeldeformular verwendet, in dem die vereinbarten Personalentwicklungsmaßnahmen eingetragen werden.

Die Vereinbarung von Entwicklungsmaßnahmen bedarf einer besonderen Sorgfalt. Es ist nicht zulässig, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter Entwicklungsmaßnahmen zuzusagen, deren Durchführung nicht sichergestellt ist. Insbesondere muss sich jeder Vorgesetzte, bevor er seine Entwicklungsgespräche führt, bei seinem nächst höheren Vorgesetzten über das Budget informieren, das ihm für seine Mitarbeiter zur Verfügung steht. Maßnahmen, die über das bestehende Fort- und Weiterbildungsprogramm abgedeckt werden, können nur für das Jahr des Mitarbeiterdialogs und das Folgejahr zugesichert werden, sofern es noch freie Seminarplätze gibt. Seminare, die nicht im gleichen und im Folgejahr abgedeckt werden können, sollen in einem Zeitraum von zwei Jahren besucht werden.

Die Zuteilung der Seminarplätze wird über die Personalentwicklung unter Berücksichtigung der betrieblichen und individuellen Belange gesteuert.

Bei der Planung seiner Gespräche bereitet die Führungskraft diese daher nicht nur unter inhaltlichen, sondern auch unter finanziellen Aspekten in der Weise vor, dass sie zunächst für die Gesamtheit ihrer Mitarbeiter den voraussichtlichen kostenträchtigen Entwicklungsbedarf abschätzt und mit dem ihm zur Verfügung stehenden Budget abgleicht.

Neben Seminaren kommen als Maßnahmen der Personalentwicklung auch

in Betracht.

Der Personalbereich ist vor der Vereinbarung von Entwicklungsmaßnahmen zu konsultieren, um entsprechende Unterstützung bei der Auswahl der geeigneten Instrumente zu leisten. Die Mitbestimmungsrechte der zuständigen Betriebsräte sind dabei ebenfalls zu wahren.

Die Anmeldung zu Seminaren erfolgt wie bisher über den Mitarbeiter mit dem dafür vorgesehenen Workflow und dem dahinter liegenden Genehmigungsprozess.

Das Rückmeldeformular (Anlage 4) enthält lediglich die vereinbarten Maßnahmen und muss von beiden Gesprächsteilnehmern unterschrieben werden. Es wird nach Genehmigung durch die nächst höhere Führungskraft an die zentrale Personalentwicklung weitergeleitet. Die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten eine Bestätigung durch die Personalentwicklung. Der zuständige Betriebsrat wird über nicht erteilte Genehmigungen informiert. Erfolgt keine Genehmigung vereinbarter Entwicklungsmaßnahmen, so ist hinsichtlich des weiteren Vorgehens ein erneutes Gespräch zwischen der Führungskraft und dem Mitarbeiter zu führen.

Experimentierklausel

Abweichend von dem beschriebenen Verfahren kann der Mitarbeiterdialog im Einvernehmen mit der direkten Führungskraft und der Personalentwicklung auch als Gruppengespräch durchgeführt werden, vor allem in den Fällen, in denen das betroffene Team in hohem Grad gemeinsam für die zu erbringenden Arbeitsergebnisse verantwortlich ist. Beide Seiten sehen in einem solchen Vorgehen ein geeignetes Verfahren zur Unterstützung der Teambildung, in der Führungskraft und Teammitglieder gemeinsam erörtern können, welche Qualifikationen zur Erfüllung der Teamaufgaben erforderlich und welche Entwicklungsmaßnahmen förderlich sind. Die Durchführung des Mitarbeiterdialogs als Gruppengespräch soll eine Ergänzung durch nachgelagerte Einzelgespräche nicht ausschließen.

Budget

Beide Seiten sind sich einig, dass der im Rahmen des Mitarbeiterdialogs vereinbarte Bedarf an Entwicklungsmaßnahmen spätestens am 30. November eines Jahres evaluiert und für das Folgejahr festgelegt wird.

Stellt die Personalentwicklung fest, dass das festgelegte Budget im Rahmen des Qualifizierungsprogramms nicht ausreicht, um die vereinbarten Entwicklungsmaßnahmen durchzuführen, werden zeitnah Beratungen mit dem Gesamtbetriebsrat aufgenommen.

Konfliktlösung

Es wird eine Clearingstelle eingerichtet, die für alle in dem Verfahren Mitarbeiterdialog auftretenden Meinungsverschiedenheiten und Konflikte zuständig ist.

Die Clearingstelle besteht aus je zwei vom Unternehmen und vom zuständigen Betriebsrat benannten Mitgliedern. Der Betriebsrat hat im Rahmen von § 80 Abs. 2 S. 3 BetrVG das Recht, einen sachkundigen Arbeitnehmer als Auskunftsperson heranziehen.

Die Clearingstelle trifft ihre Entscheidungen mit Mehrheit. Kommt eine Mehrheit nicht zu Stande oder weicht das Unternehmen von der Entscheidung der Clearingstelle ab, so hat der zuständige Betriebsrat das Recht, die Einigungsstelle gem. § 76 Abs. 5 BetrVG anzurufen.

IT-Unterstützung des Verfahrens

Die im Rahmen des Mitarbeiterdialogs zu führenden Mitarbeitergespräche werden mit einem Status-Merkmal (geplant, durchgeführt) im SAP-System Human Capital Management (HCM) dokumentiert. Die Personalentwicklung kann eine entsprechende Übersicht nutzen, um Führungskräfte an noch ausstehende Gespräche zu erinnern.

Die im Rückmeldeformular (Anlage 4) verzeichneten Personalentwicklungsmaßnahmen werden ebenfalls im System erfasst, soweit sie die Mitarbeiterqualifizierung betreffen.

Es wird ein Report über die Durchführung der vereinbarten Maßnahmen erstellt, den die zuständigen Betriebsräte in Kopie erhalten.

Änderungen des Verfahrens

Macht eine Seite Änderungsbedarf bei der Durchführung des Verfahrens Mitarbeiterdialog geltend, so kann darüber im gegenseitigen Einvernehmen eine ergänzende Vereinbarung getroffen werden. Die Maßnahmen werden erst nach erzieltem Einvernehmen mit dem zuständigen Betriebsrat durchgeführt.

In allen Fällen, in denen diese Vereinbarung das Einvernehmen beider Seiten oder den Abschluss einer ergänzenden Regelung vorsieht, entscheidet im Falle einer Nichteinigung eine gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle.

Schlussbestimmungen

Diese Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft und kann mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Im Falle der Kündigung gilt sie weiter bis zum Abschluss einer neuen Regelung.

Anlagen

  1. Zeitplan für die Umsetzung des Projekts
  2. Feedback-Fragebogen für Führungskräfte
  3. Arbeitspblatt für die Durchführung des Mitarbeitergesprächs
  4. Rückmeldebogen für vereinbarte Entwicklungsmaßnahmen