Betriebsvereinbarung Microsoft Office Communications / MS Lync

Unified Communications (="einheitliche Kommunikation") lautet die Überschrift für Software, die seinen Nutzern auf einer technischen Plattform mehrere Kommunikationskanäle zu Verfügung stellt. Chat, Telefon, Videokonferenzen und einiges mehr, meist versehen mit Online-Statusanzeigen, die sichtbar machen, ob der User gerade online erreichbar ist oder nicht..

Eigentlich kalter Kaffee und nichts Neues. Aber erst seit Platzhirsch Microsoft "MS Office Communications" sein Produkt mit Nachdruck beworben hat und dabei die Integrationsmöglichkeiten mit dem MS Office (Word, Excel, Powerpoint) hervorhebt, werden entsprechende Anwendungen in den Unternehmen ausgerollt. Mittlerweile hat Microsofts Marketingabteilung dem Softwarepaket einen schickeren Namen spendiert: "Microsoft Lync" soll der Kundschaft ein "völlig neues Benutzererlebnis" und "spannende Interaktion" eröffnen. Das sei dahin gestellt, in jedem Fall eröffnet das System einen weitreichenden Mitbestimmungsbedarf.

Wir stellen die Kernregeln einer Betriebsvereinbarung vor, die mit unserer Unterstützung in einem größeren Medienunternehmen vereinbart worden ist. Das Unternehmen stellt die Software zunächst einem technisch versierten Nutzerkreis zur Verfügung, in erster Linie Mitarbeitern der hauseigenen IT und Anwenwendungsentwicklung, nach einem Jahr ist ein gemeinsamer Erfahrungsaustasuch mit dem Betriebsrat geplant. Die komplette Vereinbarung beinhaltet ein Nachregelungsrecht des Betriebsrats, so dass bei neuen Entwicklungen und neu auftauchenden Problemen nachgesteuert werden kann.

Dokumentation

Anlage 1 enthält die aktuelle Versionsnummer der Software sowie eine stichwortartige Übersicht der von der Software zur Verfügung gestellten Dienste.

Übersicht über die eingesetzten Dienste:
+ Präsenzinformation
+ Instant Messaging
+ Telefonie (Audio und Video)
+ Audio-Konferenzen
+ Video-Konferenzen
+ Web-Konferenzen
+ Desktop Sharing

Anlage 2 enthält eine Schnittstellenbeschreibung, in der u.a. festgehalten ist, in welchen Software-Systemen die Dienste des MS Office Communicators integriert sind.

Nutzung der Software-Funktionen

Die vom System bereit gestellten Dienste und Funktionen werden im Rahmen eines kooperativen Arbeitsumfeldes eingesetzt. Sie werden den Mitarbeitern als Werkzeuge zur Unterstützung ihrer Arbeitsaufgaben zur Verfügung gestellt. Eine Verpflichtung zur Nutzung einzelner Dienste/Funktionen besteht nicht. Die Nutzung erfolgt auf freiwilliger Basis.

Eine Nutzung auf freiwilliger Basis lässt sich nicht immer durchsetzen. Wegen der besonders hohen Überwachungseignung sollte aber zumindest eine freiwillige Nutzung der Online-Status-Anzeigen vereinbart werden, s.u. Zudem ist zu bedenken, dass sich die freie Entscheidung des einzelnen Mitarbeiter durch Druck von Kollegen oder Vorgesetzten schnell als Papiertiger herausstellen kann.

Ausnahmen von dieser Regel sind auf Einzelfälle beschränkt und bedürfen zuvor einer schriftlichen Regelung mit dem zuständigen Betriebsrat.

Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, sich bei Problemen oder Beschwerden an den zuständigen Betriebsrat zu wenden, damit dieser mit der Geschäftsleitung eine einvernehmliche Konfliktlösung herbeiführen kann.

Eine Leistungs- oder Verhaltenskontrolle der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist nicht beabsichtigt und wird nicht durchgeführt.

Online-Status-Anzeigen

Das System eröffnet die Möglichkeit, den aktuellen Online-Status der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erfassen und anderen Personen zugänglich zu machen. Die im System verwendeten unterschiedlichen Online-Status sind in Anlage 3 vereinbart.

Es sollten möglichst wenig Status unterschieden werden. Kritisch sind vor allem differenzierte Abwesenheitsgründe: Schulung, Pause, Betriebsrat, Dienstgang etc.

Die Mitarbeiter entscheiden selbstständig darüber, welche Personen eine Leseberechtigung für ihren Online-Status erhalten.

Die automatische Aktivierung der Online-Status-Erfassung nach dem Systemstart ist nur bei ausdrücklich erfolgter Einwilligung des jeweiligen Mitarbeiters zulässig. Ansonsten muss der Dienst manuell durch den Mitarbeiter gestartet werden.

Die Anzeigen zum Online-Status umfassen keine Zeitinformationen. Eine Historisierung der Online-Status-Zeiten wird weder vom System vorgenommen, noch ist die manuelle Aufzeichnung im Rahmen einer längerfristigen Beobachtung der Anzeigen zulässig.

...schön wär's gewesen! Leider lassen sich die Zeitanzeigen, wie lange ein Mitarbeiter sich bereits im Status X befindet, systemseitig nicht abstellen. Nach langem Streit hat man sich daher auf einen Einsatz unter Vorbehalt geeinigt:

"Beide Seiten stimmen überein, dass die Zeitinformationen zum Online-Status für eine Bewertung von Arbeitsleistungen nicht geeignet sind und nicht genutzt werden. Sie lassen keine objektiven Rückschlüsse auf das Verhalten der dahinterstehenden Personen zu und werden nicht ausgewertet.

Da das Unternehmen geltend macht, dass das Unterdrücken der Zeitanzeigen nicht bzw. nur mit hohem Aufwand realisierbar sei, verzichtet der Betriebsrat zunächst auf eine entsprechende Systemkonfiguration. Für den Fall, dass der KBR Probleme im Umgang mit den Zeitanzeigen geltend macht, sind mit ihm jedoch einvernehmliche Maßnahmen zu treffen, die z.B. den Entzug von Berechtigungen oder eine veränderte Konfiguration des Systems beinhalten können.

Sobald eine neue Softwareversion das Unterdrücken von Zeitanzeigen ermöglicht, erfolgt eine entsprechende Konfiguration des Systems."

Chatdienste, Instant Messaging

Chatdienste bzw. Funktionen zum Instant Messaging werden so eingerichtet, dass für alle Teilnehmer jederzeit ersichtlich ist, wer die Chat-Mitteilungen mitlesen kann. Neue Chatteilnehmer erhalten keinen Zugriff auf die Mitteilungen, die die übrigen Teilnehmer zuvor abgegeben haben. Nach dem Ende der Kommunikation wird der Chat-Gesprächsverlauf automatisch vom System gelöscht.

Audio-/Video-/Web-Konferenzen

Das System stellt Funktionen zur Übertragung von Video- und Audiodaten zwischen zwei oder mehreren Teilnehmer zur Verfügung. Darüber hinaus bietet das System die Möglichkeit, Arbeitsbereiche eines Arbeitsplatzrechners für Präsentationen oder das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten freizugeben.

Beide Seiten stimmen darin überein, dass das direkte, persönliche Gespräch miteinander unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitslebens ist. Die Konferenzdienste sollen die Kommunikationsmöglichkeiten der Gesprächspartner ergänzen, das direkte Gespräch aber nicht ersetzen. Es werden keine Videokonferenzen durchgeführt, deren Inhalte das Arbeitsverhältnis selbst betreffen, z.B. Beurteilungsgespräche, Ermahnungen, Verweise, Kritikgespräche.

Beide Seiten stimmen außerdem darin überein, dass die Audio- und Video-Funktionen für Konferenzen mit mehr als zwei Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Telefon-Gespräche zwischen zwei Teilnehmern werden im Regelfall außerhalb des Unified-Communications-Systems an den Telefonapparaten der Teilnehmer über die Telefonanlage geführt. Die Betriebsvereinbarung "Telefonie" ist einzuhalten.

a. Anforderungen an den Arbeitsplatz

Die Arbeitsplätze der an den Konferenzen teilnehmenden Mitarbeiter werden technisch so ausgestattet, dass eine fehler- und verzögerungsfreie Übertragung gewährleistet ist.

Die Situation an den Arbeitsplätzen muss eine konzentrierte Teilnahme an den Meetings ermöglichen Die Arbeitsplätze sind vor Störungen weitgehend zu schützen.

Falls die Voraussetzungen an den Arbeitsplätzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erfüllt werden können, sind den betroffenen Mitarbeitern für die Dauer der Konferenz entsprechend eingerichtete, besondere Arbeitsplätze anzubieten.

b. Kamera, Mikrofon, Dateifreigabefunktionen

Kamera-, Mikrofon- und Dateifreigabefunktionen müssen von den Teilnehmern selbst aktiviert und deaktiviert werden. Das Aktivieren der Funktionen durch Dritte ist nicht möglich. Beim Anmelden an das System sowie bei Unterbrechungen und beim Beenden des Programms werden Kamera-, Mikrofon- und Dateifreigabefunktionen des Teilnehmers automatisch ausgeschaltet.

Die Teilnahme an einer Konferenz erfolgt transparent. D.h., der Teilnehmerkreis einer Konferenz ist zu jedem Zeitpunkt für jeden Teilnehmer ersichtlich.

Bei aktivierter Kamerafunktion ist die Kamera so auszurichten, dass andere Personen nicht dauerhaft vom Sichtfeld der Kamera erfasst werden. Der Teilnehmer ist verpflichtet, im Raum anwesende Personen über die aktivierte Kamerafunktion zu informieren. Falls Freisprechfunktionen genutzt werden, ist der Teilnehmer ebenfalls zur Information der im Raum anwesenden Mitarbeiter verpflichtet.

c. Aufzeichnungen, Auswertungen

Funktionen zum Aufzeichnen/Speichern von Konferenzen werden nicht verwendet.

Auswertungen über erfolgte Konferenzen werden nicht zur Verfügung gestellt.

d. Freigabe des Desktops

Für das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten, können die Teilnehmer ihren Desktop freigeben, so dass andere Teilnehmer diesen sehen können. Die Freigabe des Desktops muss explizit vom freigebenden Teilnehmer initiiert und bestätigt werden. „Verdeckte“ Aktionen von anderen Teilnehmern sind nicht möglich.