Dave Eggers: Der Circle

Da hat Dave Eggers in seinem Roman die Unternehmen Google, Apple, Twitter und Facebook zu einer Fantasie-Firma zusammengemixt, und herausgekommen ist ein erschreckend dicht an der Realität vorbeischrammendes science fiction-Werk.

Besonders beeindruckend, dass einer der Gründer-Kapuzenmänner, die im Roman euphemistisch die Drei Weisen genannt werden, am Schluss die Geister, die er – frei nach Goethes Zauberlehrling – rief, selber nicht mehr los wird und die totalüberwachte schöne neue Welt ihre Vollendung in der endgültigen Abschaffung der Privatheit findet.

Kein moralinsaures Werk, seitenlang schwelgt es in den Vorteilen einer Welt mit transparenten Politikern, die man auf Schritt und Tritt in Tat und Wort rund um die Uhr verfolgen kann und sich keine Korruption mehr leisten können, oder in gegen Null gehender Kriminalität, weil schon die Kinder einen Chip in den Knöchel implantiert bekommen und man sie metergenau tracken kann. Keine Geheimnisse mehr, Eltern wissen immer Bescheid. Und wie schön, wenn man seinen eigenen Erfolg in den zahllosen Echtzeit-Feedbacks bestätigt sieht: wie ist mein Ranking, im Job, mit meinen Freunden, mit meinen Sexpartnern. Dumm nur, dass man die Drei-Minuten-Auszeit, die für den Gang zur Toilette vorgesehen ist, nutzen muss, um etwas mitzuteilen, was nicht der Rest der Welt mithören soll.

Keine spontan aufkommende Empörung, wie noch bei Orwells 1984, der einen noch in den Kindeschuhen steckenden Überwachungsstaat beschreibt, sondern hier wird eine schleichende Transformation der Gesellschaft geschildert, in der Widerstand ein Randphänomen bleibt, das immerzu in der Zustimmung

 

 

Karl Schmitz, Januar 2016